In seinem neuesten Gastbeitrag widmet sich C. dem Thema der Gleichheit. Weitere seiner Beiträge findet ihr unter „Gastbeiträge” hier auf diesem Blog.
Wahre Gleichheit ist die Gleichheit der Chancen, nicht die des Ergebnisses.
Um so länger man über diesen Satz nachdenkt, um so mehr Sinn macht er. Menschen sind naturgemäß nicht gleich geschaffen und können auch nicht beliebig umgeformt werden. Folglich macht es auch Sinn, dass einige Menschen in der Gesellschaft besser wegkommen als Andere. Diese kurze Überlegung ist in ihrer einleuchtenden Einfachheit auch eine der Grundlagen jeder wirtschaftsliberalen Gesellschaftsordnung und ist in einem ersten Moment ein entwaffnendes Argument für linksgerichtete Diskussionspartner.
Augenscheinlich ist auch nichts daran auszusetzten, aber… Es gibt immer dieses eine Wort, das keinen Halt vor irgendeiner Theorie macht. Auch in diesem Fall müssen wir diese Idee der Chancengleichheit kurz überdenken, oder uns zumindest der Fragestellung widmen, wie man diesen gesellschaftlichen Zustand erreichen kann.
Ein erster, einfacher Ansatzpunkt wäre zum Beispiel die Bildung und Erziehung der jüngsten Mitglieder der Gesellschaft. Gleichheit im späteren Leben beinhaltet zu aller erst die gleiche Qualität an schulischer Ausbildung. Wenn, einerseits, nur ein einziges Stadtviertel, das eher unten im sozialen Spektrum steht, chronisch unterfinanziert ist und nur unerfahrenes Lehrpersonal zugewiesen bekommt, ist die ganze Idee von Chancen für jeden schon absurd. Wenn, andererseits, Privatschulen, die durch ihre hohen Gebühren den größten Anteil der Gesellschaft von vornherein ausschließen, weitaus bessere Bildung vermitteln als staatliche Schulen, ist die Chancengleichheit für jeden auch wieder ruiniert. Die einzige Lösung wäre also ein sehr großzügig finanziertes öffentliches Bildungssystem, das Privatschulen gar nicht erst aufkommen lässt, und massive Programme um auch in sozial benachteiligten Gegenden die Schüler für die Schule zu begeistern.
Ein zweiter Punkt wäre der Schutz des Einzelnen vor Schicksalsschlägen, vor allem in medizinischer Hinsicht. Wenn ein Patient eine schwere Diagnose gestellt bekommt, muss ihm geholfen werden. Einerseits braucht man ein soziales Auffangnetz, das seinen beruflichen Nachteil über diese Zeit ausgleicht. Wenn jemand nämlich irgendeinen finanziellen Schaden aufgrund von einer Krankheit erleidet, wird er für etwas bestraft, für das er keine Verantwortung trägt. Also wäre die Chancengleichheit nicht gegeben. Andererseits, verdient jeder Patient die gleiche Behandlung um wieder in kürzester Zeit seinen Beitrag zur Gesellschaft leisten zu können. Das heißt, dass Krankenhäuser nicht an einem Patienten mehr Interesse zeigen dürfen, als an anderen. Also ist die Chancengleichheit zwischen den Individuen nur gegeben, wenn kein Unterschied mehr zwischen Kassen- und Privatpatienten gemacht wird und generell beim Medizinsektor keine finanziellen Interessen mehr im Spiel sind. Ein einfaches Mittel, niemanden für eine Situation zu benachteiligen, die nicht in seiner Verantwortung liegt, wäre also eine allumfassende Krankenkasse, die jedem Patienten die gleiche Versorgung garantiert, egal in welcher Klinik er jetzt eingeliefert wird.
Hier kommt noch hinzu, dass Menschen einen Durchschnittsbetrag für medizinische Versorgung ausgeben müssen, einfach um zu überleben. Wenn jetzt jemand an der Armutsgrenze den gleichen Beitrag leisten müsste, wie ein Wohlhabender, hätte der Arme schon im Voraus weniger Chancen, sein Geld zu nutzen und überhaupt sein Leben zu gestalten. Die einzige Möglichkeit, einem Menschen dieses Grundrecht auf medizinische Versorgung nicht unzugänglich zu machen ist also, dass jeder den gleichen prozentualen Anteil seines Einkommens pauschal in das Gesundheitssystem einzahlt, ohne sogenannte Beitagsbemessungsgrenzen.
Ein letzter Punkt wäre ganz allgemein die Chancengleichheit bei der Geburt. Es stellt sich ein einfaches Problem: wenn jemand von seinen Eltern 1 Million Euro erbt und dieses Geld ohne großen Aufwand in einem Fonds anlegt, hat diese Person, ohne etwas dafür geleistet zu haben, schon ein jährliches Grundeinkommen von 50.000 Euro. Die ganze Idee von Chancengleichheit endet also schon in der Absurdität, wenn irgendjemand auch nur einen Cent mehr von seinen Eltern bekommt als, sein Nachbar. Wenn große Reichtümer vererbt werden, ist es unausweichlich, dass sich regelrechte Dynastien entwickeln, in denen jeder schon ungeheure Privilegien, nur durch eine bisschen Glück, aber ohne eigene Arbeit, erhält.
Fassen wir zusammen, eine Gesellschaft, in der jeder einfach nur die gleichen Chancen erhält, eigentlich schon die Grundlage einer Meritokratie, ist eine mit gesunden, öffentlichen Schulen, einem vollverstaatlichten Gesundheitssystem und, zumindest theoretisch, einer Erbschaftssteuer von 100%. Sind wir jetzt mal ehrlich, nach welcher Partei klingen solche Forderungen?
– C.
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C. ist ein anonymer Gastautor für „just thoughts”. Weitere seiner Beiträge findet ihr unter „Gastbeiträge”.