Leider musste ich meinen Freiwilligendienst frühzeitig abbrechen und so bin ich nun wieder zu Hause. Doch auch wenn meine Zeit in Benin sich kürzer als geplant gestaltet hat, so bleiben doch die Erfahrungen und die Erinnerungen.
Dieses Land hat mir sehr viel gegeben, unter anderem habe ich eine völlig neue Lebensweise kennengelernt und realisiert, dass vieles, was wir als selbstverständlich betrachten, für viele Menschen auf diesem Planeten Wunschdenken ist. Und damit meine ich nicht nur ein festes Einkommen, ständige Wasser-und Stromversorgung, geteerte Straßen etc, sondern auch kleine Dinge, wie zum Beispiel Busfahren, öffentliche Mülleimer und Toiletten sowie Supermärkte. Ich habe mich vor kurzem gefragt ob ich die 15 Minuten zum Bahnhof laufen oder den Bus nehmen soll und in dem Moment wurde mir bewusst, wie glücklich ich mich schätzen kann. Ich muss mir keine Sorgen um die einbrechende Dunkelheit machen und wenn ich zu Fuß gehe, wird niemand mich anstarren oder mir hinterherrufen, ich kann mich frei und vor allem sicher bewegen und ich kann ebenfalls in den Bus einsteigen ohne mich mit dem Fahrer um den Preis streiten zu müssen und ohne um mein Leben im Verkehr fürchten zu müssen. Zudem habe ich einen Sitz für mich ganz allein, vielleicht sogar 2 und niemand befummelt meine Haare oder versucht meine Nummer zu bekommen. All diese kleinen Dinge, deren Luxus wir uns gar nicht bewusst sind und die uns den Alltag doch so sehr erleichtern. In Benin ist mir bewusst geworden, wie einfach das Leben in Europa doch eigentlich ist. Doch gerade dadurch haben wir verlernt, zu schätzen, was wir haben.
Denn auch wenn die Leute in Benin materiell sehr arm sind, Platz 166 des HDR, so besitzen sie doch andere Reichtümer. Der menschliche Kontakt ist in Benin viel präsenter als bei uns und auch wenn ich oft meine Probleme als Weiße hatte, so habe ich doch gleichzeitig immer wieder über die Offenheit der Menschen gestaunt und die Freundlichkeit mit der ich von vielen Fremden behandelt wurde. Als ich einmal im Regen unterwegs nach Hause war, hat eine Frau, die ein Geschäft am Rand der Straße besitzt und mit der ich manchmal gesprochen habe, mir angeboten das Ende des Regens in ihrem kleinen Unterstand abzuwarten und mir sogleich einen Stuhl hingestellt ohne nachher etwas dafür zu verlangen, eine Situation von so vielen dieser Art, die ich erlebt habe.Es ist ganz normal Freunde und sogar Fremde mit Dada (Schwester) oder (Fofo) Bruder anzureden, während ältere Menschen stets Mama und Papa genannt werden, unabhängig von der Familienzusammengehörigkeit. Diese Menschlichkeit ist es, was das Leben in dieser Gesellschaft lebenswert macht. Die Nähe und auch die Rolle, die der Familie zukommt. Obwohl man jedoch leider gleichzeitig sagen muss, dass all dies jegliche Bedeutung verliert, sobald es ums Geld geht. Ich habe immer wieder gesehen wie die Freundschaft beim Geld aufgehört hat und sich die Leute darum zerstritten haben.
Allgemein muss ich sagen, dass ich sehr widersprüchliche Erfahrungen in Benin gemacht habe, denn einerseits wurde ich von jedem freundlich aufgenommen, andererseits ist Rassismus jedoch auch sehr präsent, denn als Weißer wird man immer ein Außenstehender bleiben. Zudem kommt jeder sehr gut mit jedem klar, andererseits habe ich wie eben oben bereits erwähnt, gesehen, wie schnell sich das Blatt wenden kann. Solche Situationen habe ich oft erlebt und doch glaube ich, dass die Leute dort ein durchaus glückliches Leben führen könnten, wenn sie lernen würden, ihren Reichtum der anderen Sorten als solchen zu akzeptieren und zu schätzen. Denn für viele ist Europa das Paradies auf Erden und sie glauben, dass sie nirgends sonst glücklich sein können. Auch wenn das Leben in Benin, vor allem in den ländlichen Regionen, sicher nicht einfach ist, so korrespondiert doch das Bild, das sie von Europa haben, sicher nicht mit der Realität. Das haben mir ebenfalls manche Leute, die bereits in Europa gewesen sind bestätigt und gesagt, auch wenn Afrika materiell nicht so weit entwickelt ist, so hat es doch andere Reichtümer zu bieten.
Schlussendlich möchte ich noch kurz auf meine Arbeit mit den Kindern zu sprechen kommen, die mir ebenfalls sehr viel mit auf den Weg gegeben hat. Denn diese Kinder haben einem etwas geschenkt, was man sehr selten findet: bedingungslose Liebe. Wenn ich morgens angekommen bin, standen sie oft schon da und haben mich im Chor gerufen, um schlussendlich auf mich zugelaufen zu kommen. Zudem hat die Arbeit mit ihnen mir gezeigt, dass man sprachliche Grenzen durchaus überwinden kann, denn der größte Teil der Kinder spricht kein Französisch und ich habe mir im Laufe der Zeit zwar die wichtigsten Wörter in der lokalen Sprache angeeignet, doch kann ich keineswegs behaupten, sie gut zu verstehen. Auch wenn die Kommunikation dadurch manchmal kompliziert wurde, habe ich mich doch so gut mit diesen Kindern verstanden, denn was am Ende zählt, ist, dass wir alle Menschen sind.
Somit werde ich meine Arbeit ebenfalls in guter Erinnerung behalten, auch wenn diese, so wie meine ganze Zeit in Benin, von guten und schlechten Momenten geprägt war, in denen ich manchmal an meine Grenzen gestoßen bin. Zum Schluss mussten wir zum Beispiel für eine Woche ohne fließendes Wasser auskommen und unsere Reserven bestanden aus bereits sechs Wochen altem Wasser. Und doch bin ich froh, für alles was ich dort erleben durfte und würde die Entscheidung sogleich wieder treffen, denn es war eine unbezahlbare Erfahrung, wie man sie sicher nicht oft im Leben macht. Leider kann ich niemals in einem Artikel zusammenfassen, was es dazu alles zu sagen gibt, deswegen möchte ich es so ausdrücken: Danke Benin!
Zum Abschluss noch ein letztes Gedicht:
The final note
The last note of the concert
Is vibrating in the air,
Still visible to the eyes
And painting the end
Of its colourful symphony.
You try to catch it,
But it`s already fading away,
Like a breath
Bound to disappear
With the wind
And leaving a bittersweet smell.
A gift written
In immaterial ink
And submitted to transience,
Remaining nothing
But two bar lines
In time`s eternal composition.
Copyright 2017 Sophie Aduial