Dies ist der vierte Teil meiner Romananalyse von Uwe Tellkamps Roman „Der Turm“. Den dritten Teil könnt ihr hier nachlesen.
“Der Turm” ist ein historischer Roman der viele geschichtliche Ereignisse aufgreift und wiedergibt. Nach Ansicht dreier Journalisten, namentlich Andreas Platthaus, Sabine Franke und Beatrix Langner, handelt es sich beim “Turm” aber auch um einen Schlüsselroman. Sie geben an, Parallelen zwischen vielen der Romanfiguren und real existierenden Menschen entdeckt zu haben. Dies könnte auch sehr wahrscheinlich zutreffen da es sich bei dem im Roman beschriebenen westdeutschen Kulturkritiker Wiktor Hart ganz offensichtlich um Marcel Reich-Ranicki handelt. “Wiktor Hart” war dessen Autoren-Pseudonym im Warschauer Ghetto und der Abschnitt im Buch endet mit einer Abwandlung der Schlussformel des “Literarischen Quartetts”. Ebenfalls für die Theorie des Schlüsselromans spricht die Figur des Christian Hoffmann die viele Ähnlichkeiten zum Autor Uwe Tellkamp aufweist. Tatsächlich scheint es aber eher so, als hätte Tellkamp seine eigenen Erfahrungen gleichmäßig auf die drei Hauptcharaktere verteilt.
Wichtig für die Analyse des Romans ist es auch ihn im Zusammenhang mit Tellkamps Gesamtwerk zu betrachten, da Tellkamp selbst ihn in einem Interview als “Teil eines größeren Romanprojektes” bezeichnete. Die 2004 von Tellkamp veröffentlichte Erzählung “Der Schlaf in den Uhren”, der als “Romanauszug” veröffentlicht wurde, wurde später von der Journalistin Beatrix Langner als “eine Vorstufe” zum “Turm” bezeichnet. Uwe Tellkamp kündigte 2009 einen Nachfolgeroman an der die Zeit zwischen dem 9. November 1989, der Mauerfall, und dem 3. Oktober 1990, dem Tag der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands, behandeln soll. Nach einigen Titeländerungen soll der Roman nun in diesem Jahr unter dem Titel “Lava” erscheinen.
Uwe Tellkamp selbst ist am 28. Oktober 1968 in Dresden geboren und wuchs im Dresdner Villenviertel “Weißer Hirsch” auf. Er diente drei Jahre bei der NVA um Medizin studieren zu können. Im Dienst ist er mehrmals aufgefallen, weil er Texte von West-Autoren und Wolf Biermann bei sich trug, doch dies hatte keine weiteren Folgen. Erst als er einen Befehl verweigerte, dass seine Einheit gegen Protestierende ausrücken sollte, wurde er für zwei Wochen inhaftiert und danach beurlaubt. Nach dem Ende der DDR absolvierte er schließlich sein Medizinstudium in Leipzig, New York und Dresden. Es folgte dann eine Anstellung als Arzt an einer unfallchirurgischen Klinik in München, diese Arbeit legte er jedoch 2004 nieder um sich seiner Schriftstellerkarriere zu widmen. Laut einem im August 2004 in der “Welt” erschienenen Interview, hat Tellkamp seine Berufung zum Schirftsteller am 16. Oktober 1985 um 15:30 Uhr entdeckt. In diesem Moment soll er sich in seinem heimischen Garten der Schönheit roter Rosen bewusst geworden sein und habe den Wunsch verspürt, dies in Versen auszudrücken. Uwe Tellkamp ist verheiratet und Vater eines Sohnes und einer Tochter, seit 2009 hat er seinen Hauptwohnsitz wieder auf dem “Weißen Hirsch” in Dresden.
“Der Turm” erhielt äußerst gemischte Rezensionen, die zumeist entweder komplett begeistert oder sehr negativ sind. Die am häufigsten geäußerte Kritik betrifft den enormen Umfang des Romans und die teils sehr ermüdende Lektüre, aufgrund sehr schwankender Syntax und einem Übermaß an Details die die Handlung manchmal wie festgefroren wirken lassen. Ebenfalls kritisiert wurde die oft “platte” und “hölzerne” Sprache der Dialoge und die insgesamt “schwache Figurendarstellung und Handlungsentwicklung”. Der Roman erhielt aber auch viel Zustimmung und gewann einige Preise wie den Uwe-Johnson-Preis 2008, den Deutschen Nationalpreis 2009 oder den Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung. Im Oktober 2008 wurde er auch mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. In der Begründung hieß es:
“Uwe Tellkamps großer Vorwenderoman “Der Turm” entwirft in einer Fülle von Szenen, Bildern und Sprachformen das Panorama einer Gesellschaft, die ihrem Ende entgegentaumelt. (…) Der Roman spielt in den verschiedensten Milieus, unter Schülern, Ärzten, Literaten und Politikkadern. (…) Den Lesern erschließen sich wie nie zuvor Aromen, Redeweisen und Mentalitäten der späten DDR. (…)”
Der Roman wurde für die ARD als Fernseh-Zweiteiler unter dem gleichen Namen verfilmt und erstmals am 3. und 4. Oktober 2012 im Ersten ausgestrahlt. Regie führte Christian Schwochov und in den Hauptrollen sah man unter anderem Jan Josef Liefers als Richard Hoffman, Sebastian Urzendowsky als Christian Hoffmann sowie Götz Schubert als Meno Rohde.
Mir persönlich wird der Roman, trotz einiger in der Tat ermüdenden Abschnitten, in sehr guter Erinnerung bleiben. Wie Uwe Tellkamp es schafft, die Atmosphäre der späten DDR auf über 1000 Seiten aufleben zu lassen, ist für mich äußerst bewundernswert und lässt einen mit Spannung auf die angekündigte Fortsetzung warten.
Quellenangabe:
https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Turm_(Tellkamp)
https://de.wikipedia.org/wiki/Uwe_Tellkamp
https://www.youtube.com/watch?v=rvinEnTnQmc
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/belletristik/zeitverschiebung-1716261.html
http://www.suhrkamp.de/autoren/uwe_tellkamp_7386.html
http://www.begleitschreiben.net/uwe-tellkamp-der-turm-2/
http://www.amazon.de/Turm-Geschichte-versunkenen-suhrkamp-taschenbuch/dp/3518461605/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1437576003&sr=1-1&keywords=der+turm (Kundenrezensionen)
“Der Turm” von Uwe Tellkamp
Copyright 2015 Vito Volpe
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